OLG Frankfurt: Keine Haftung für die Folgen einer Verdachtsmeldung

Das Oberlandesgericht Frankfurt hat in einer kürzlich veröffentlichten Entscheidung die Rechtmäßigkeit einer Geldwäscheverdachtsmeldung bestätigt, die eine Bank gegen einen ehemaligen Aufsichtsratsvorsitzenden einer Aktiengesellschaft erstattet hatte. Danach ist die Bank dem Kläger nicht zum Ersatz materieller oder immaterieller Schäden verpflichtet, die diesem infolge der Geldwäscheverdachtsmeldung entstanden sind.

Hintergrund des Falls

Der Kläger, ehemaliger Aufsichtsratsvorsitzender einer Aktiengesellschaft (X AG) und Kontobevollmächtigter seiner Ehefrau, verkaufte am 23. Juni 2020 eine große Anzahl von Aktien der X AG. Dies geschah auf dringenden Rat der Bank, da die Aktien zur Besicherung einer Kreditlinie dienten und eine Neubewertung stattgefunden hatte.

Kurz nach dem Verkauf meldete die X AG Insolvenz an, was zu einem erheblichen Kursverfall der Aktien führte. Am 16. Juli 2020 erstattete die Bank eine Geldwäscheverdachtsmeldung an die Zentralstelle für Finanztransaktionsuntersuchungen (FIU).

In der Folge wurde der Umstand der Meldung in der Presse thematisiert. Der Kläger forderte daher von der Bank Schadensersatz, da die Berichterstattung seinen Kredit gefährdet habe und sonstige Nachteile für seinen Erwerb oder Fortkommen herbeiführte.

Wesentliche Punkte der Entscheidung

  1. Meldepflicht der Bank: Das Gericht bestätigte, dass die Bank berechtigt und verpflichtet war, die Verdachtsmeldung gemäß § 43 GwG zu erstatten. Der Verdacht auf eine Straftat, insbesondere Insiderhandel, rechtfertigte die Meldung.
  2. Haftungsausschluss nach § 48 GwG: Die Bank haftet nicht für Schäden, die dem Kläger durch die Verdachtsmeldung entstanden sind, solange die Meldung weder vorsätzlich noch grob fahrlässig unwahr war. Der geringe Verdachtsgrad, der für eine Meldung erforderlich ist, wurde durch die objektiven Tatsachen erreicht.
  3. Keine Pflichtverletzung durch Unterlassung: Die Bank hatte keine Verpflichtung, alle internen Beratungsgespräche und Empfehlungen in der Meldung zu erwähnen. Die unterlassene Mitteilung dieser Informationen stellte keine unwahre Meldung dar.
  4. Schutz der Persönlichkeitsrechte: Die Offenbarung der Ermittlungen durch die Behörden und die damit verbundene öffentliche Berichterstattung können der Bank nicht zugerechnet werden.
  5. Unverzüglichkeit der Meldung: Die Meldung musste unverzüglich erfolgen, was bedeutet, dass die Bank keine zusätzlichen umfangreichen Nachforschungen vor der Meldung durchführen musste.

Begründung des Gerichts

Das Gericht stellte fest, dass die Verdachtsmeldung auf Tatsachen beruhte, die objektiv einen Verdacht rechtfertigten. Dazu gehörten die zeitliche Nähe des Aktienverkaufs zur Veröffentlichung der Insolvenz der X AG, die Position des Klägers als ehemaliger Aufsichtsratsvorsitzender und die ungewöhnliche Höhe der Transaktion. Diese Umstände rechtfertigten den Verdacht auf Insiderhandel und damit die Meldung.

Die Richter betonten, dass sie Meldepflicht nach § 43 GwG und die Haftungsfreistellung nach § 48 Abs. 1 GwG grundsätzlich weit auszulegen sind, da die Beurteilung, wann Umstände so ungewöhnlich oder auffällig sind, nicht klar zu bestimmen seien. Auch wenn den Verpflichteten ein Beurteilungsspielraum zustehe, verblieben erhebliche Unsicherheiten. Andererseits werde durch die Meldepflicht eine Steigerung des Verdachtsmeldeaufkommens bezweckt und die Verpflichteten sollen zur Abgabe von Verdachtsmeldungen motiviert werden.

Ein (grob fahrlässiges) Fehlverhalten der Bank liege nicht vor. Die Bank hat die ihr zugänglichen Informationen bezüglich der gegenständlichen Transaktion umfassend zusammenzutragen und aufzubereiten. Sie hat Details zu der Abgabe der Verkaufsorder geschildert sowie den Verlauf der Depotführung und Kreditaufnahme und dies mit Informationen zum persönlichen Hintergrund des Klägers ergänzt.

Auswirkungen auf die Praxis

Die Stärkung der Haftungsfreistellung nach § 48 GwG ist zu begrüßen. Zuletzt hatten die Frankfurter Richter in einem anderen Fall noch gegenteilige Signale gesendet.

Die aktuelle Entscheidung des OLG Frankfurt gibt wichtige Implikationen für die Praxis der Geldwäschebeauftragten. Es verdeutlicht, dass Banken bei der Erstattung von Verdachtsmeldungen auf der sicheren Seite sind, solange sie nach bestem Wissen und Gewissen handeln. Die Entscheidung stärkt den Schutz von Banken und deren Beschäftigten vor Haftungsansprüchen und unterstreicht die Bedeutung eines unverzüglichen und tatsachenorientierten Verdachtsmeldewesens.

Autor